„Jeder Mensch hat das Recht auf ein Leben in Freiheit und Würde. Egal woher er kommt, egal welcher Rasse, Religion oder Kultur er angehört, oder welches Geschlecht er oder sie haben. Das sind die Werte, unsere Werte und die gilt es zu leben und auch zu verteidigen. (...)
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Wir haben uns heute hier versammelt, um ein Zeichen zu setzen für unsere abendländischen Werte und unser Grundgesetz und damit gegen jegliche Barbarei.
Meine Ansprache steht unter dem Thema:
„Wir schaffen das“ ? !
Für alle Christen hier unter uns, in unserer Stadt und in unserem Land haben sowohl Frau Rietdorf mit ihrer Rede und mit einem Gedicht Herr Dr. Barbers deutlich gemacht:
Wir sind verpflichtet zu versuchen, es mit allen unseren Kräften zu schaffen.
Für uns alle als Demokratinnen und Demokraten gilt Gleiches. Dabei setzten unser Grundgesetz und die Genfer Flüchtlingskonvention sehr enge Grenzen für das, was wir reglementieren dürfen.
Wenn ich dies voraussetze und dann dabei an die vielen Millionen freiwilligen Helferinnen und Helfer und die zahlreichen Hilfsorganisationen in unserem Lande denke, die Bewunderungswürdiges leisten,
jedoch auch an die vielen Kommunal- und Polizeibeamten, die weit mehr als ihre Pflicht tun, dann sage ich:
Wir wollen das schaffen !
Aber können wir das auch schaffen ?
Vorab möchte ich nochmals daran erinnern, dass wir – die Bundesrepublik – jährlich rund 500 000 Zuwanderer benötigen, um die Überalterung unserer Gesellschaft aufzufangen und damit unsere Sozialsysteme zu erhalten.
Diese Zahl haben wir in den letzten vorangegangenen Jahren eklatant unterschritten. Wir haben also Nachholbedarf und momentan rund 600 000 offene Arbeitsstellen.
Dazu
Monitor (WDR), Das Erste, 05.11.2015
Dauer: 23 Minuten
Kurzfassung
Deutschland überfordert? Was kostet die Integration?
Rekord-Überschüsse, Rekord-Arbeitsplätze, Rekord-Rentenerhöhung. Trotzdem glauben mehr und mehr Menschen, dass Deutschland durch die Zuwanderung von Flüchtlingen auch finanziell überfordert ist. Und während die Politik über Abschottung und Obergrenzen diskutiert, wird das Thema Integration – mal wieder – auf die lange Bank geschoben. Was aber kostet die Integration von Millionen Flüchtlingen tatsächlich? Was müsste in Bildung, Arbeit, Wohnungen investiert werden? Und würde uns das tatsächlich überfordern? MONITOR-Reporter waren in ganz Deutschland unterwegs – und präsentieren die Rechnung.
Gedenkstunde „Flucht nach Ägypten“
Die heutige Veranstaltung steht unter der Überschrift „Flucht nach Ägypten“. Das Mönchengladbacher Bündnis „Aufstehen! Für Menschenwürde – gegen Rechtsextremismus“ hat damit durchaus bewusst ein religiöses Thema gewählt, ein Thema, das in die jetzt ausklingende Weihnachtszeit passt. Ich bin keine Theologin, aber ich habe mich gern der Herausforderung gestellt, mich mit diesem Thema zu beschäftigen.
Zuerst möchte ich die Geschichte nacherzählen, um die es geht: Der Evangelist Matthäus berichtet, dass die Weisen aus dem Morgenland den neugeborenen König der Juden suchen. Sie kommen nach Jerusalem, fragen den König Herodes und die Schriftgelehrten und ziehen auf deren Rat hin nach Bethlehem, wo der Messias geboren werden soll und wo sie das Kind finden. Herodes hat durch die Weisen von der Geburt Jesu erfahren und fürchtet um seine Macht – schließlich soll da ein König geboren worden sein. Er will das Kind töten lassen. Aber, so schreibt Matthäus, der Engel des Herrn erscheint Josef im Traum und Josef flieht mit Maria und dem Kind nach Ägypten. Dort sind sie in Sicherheit, während Herodes, ganz Machtmensch und Gewaltherrscher, in Bethlehem ein fürchterliches Massaker anrichten und alle Kinder, die jünger als zwei Jahre sind, töten lässt. Die Heilige Familie bleibt in Ägypten, bis Herodes gestorben ist, erst dann kehren sie zurück.
Die Geschichte von der Flucht nach Ägypten reiht sich ein in zahlreiche Fluchtgeschichten, von denen die Bibel berichtet. So ziehen die Kinder Israel nach Ägypten, als in ihrer Heimat eine Hungersnot herrscht. Später fliehen sie aus dem Land, weil sie dort als Sklaven leben müssen und diese Flucht wird zum identitätsstiftenden Ereignis schlechthin, denn sie erfahren, dass Gott selbst sie führt. Auch Josef wird beauftragt zu fliehen und sich und seine Familie vor dem mörderischen Machtanspruch des Herodes in Sicherheit zu bringen. Und mit Jesus ist Gott selbst auf der Flucht.
Die Flucht selbst ist also immer wieder ein Mittel des Überlebens. Jesus ist ein Flüchtlingskind, wie es in einem Gedicht, das wir gleich noch hören werden, formuliert ist. Aber er hat die Flucht überlebt, er hat Sicherheit gefunden in einem Land, das ihn und seine Familie – anscheinend ohne zu fragen, jedenfalls wird nichts von Grenzkontrollen oder Asylanträgen berichtet – aufnahm. Im Gegensatz dazu steht uns allen sicher noch das Bild des kleinen Jungen vor Augen, der tot an einen griechischen Strand gespült wurde und stellvertretend für viele steht, die die Flucht nicht überlebt haben. Auch heute wie vor 2000 Jahren fliehen Menschen, weil sie ihre Familien und sich selbst vor Mord, Terror und Hunger schützen wollen.
Die Aufnahme von Flüchtlingen ist aus christlicher Sicht eine grundlegende menschliche Aufgabe, weil mit den Flüchtlingen Gott selbst an unsere Tür klopfen kann. Nein, nicht nur kann, sondern es tatsächlich tut, wenn wir das Evangelium ernst nehmen. In dem Abschnitt über das Weltgericht sagt Jesus: „Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen. Ich bin nackt gewesen und ihr habt mich bekleidet.“ Und als die Angesprochenen fragen, wann sie das denn getan hätten, antwortet er: „Was ihr einem von diesen meinen geringsten Brüdern getan habt, das habt ihr mir getan.“ Deutlicher kann man es eigentlich nicht sagen.
Die Hilfe für Schwache und Schutzbedürftige gehört zu den Werten, auf denen unsere Gesellschaft im besten Sinne ruht. Ebenso wie auf der Überzeugung, dass jeder Mensch ein Recht auf Leben, Freiheit und Würde hat. Egal woher er kommt, welcher Rasse, Kultur, Religion oder welchem Geschlecht er oder sie angehört.
Das sind unsere Werte und die gilt es zu leben und auch zu verteidigen, wenn nötig. Gegen die, die die unerträglichen Vorfälle in der Silvesternacht zur Hetze missbrauchen. Und gegen die, die in dieser Nacht die Werte des Landes, in dem sie leben, mit Füßen getreten haben, egal welchen Aufenthaltsstatus sie haben oder woher sie kommen. Das kann und darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Dass es dazu gekommen ist, ist furchtbar, in diesem Ausmaß sicher auch überraschend. Was aber nicht überrascht, ist die Tatsache, dass sich unter den Flüchtlingen gute und schlechte Menschen finden, friedfertige und gewaltbereite, genau wie unter allen anderen Menschen auch. Und weil das nicht überraschend ist, können und dürfen diese Vorfälle nichts ändern an der grundsätzlichen Bereitschaft, Menschen auf der Flucht aufzunehmen. In einer Erklärung der EKD vom September zur Flüchtlingssituation heißt es: „Der Mensch steht im Mittelpunkt aller Bemühungen. Viele Menschen sind weltweit auf der Flucht. Die große Herausforderung besteht darin, jedem Einzelnen gerecht zu werden.“ Dem ist nichts hinzufügen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Zu Weihnachten 2015
Das Flüchtlingskind
Friedrich Schwandt